Unter diesem Link
findet man einen Artikel, der mit "Attitüde" überschrieben ist, und darin wird
erklärt, wie man die richtige Attitüde entwickeln kann, mit der man dann im
Beruf weiterkommt.
Ich will hier gar
nicht auf den Inhalt eingehen, denn der ist nicht besser und nicht schlechter
als andere vergleichbare Ratgeber-Texte. Worum es mir geht, ist das Wort
Attitüde.
Was ist das für
ein Wort? Das Ü zeigt an, dass es vor längerer Zeit aus dem Französischen in unsere Sprache
eingewandert ist. Im Französischen heißt es Körperhaltung, vor allem im Ballett
und bei der Beschreibung von künstlerischen Darstellungen des menschlichen Körpers.
Es wird aber auch
metaphorisch mit der Bedeutung Geisteshaltung, Einstellung gebraucht. In beiden
Bedeutungen ist es in der Zeit zwischen dem Dreißigjährigen Krieg und der
Französischen Revolution ins Deutsche gekommen. Der deutsche Adel orientierte
sich in dieser Zeit an der französischen Hofhaltung – jeder Duodezfürst ein
kleiner Sonnenkönig – das ist für das weitere Verständnis wichtig. Man sprach
im Adel Französisch; das bekannteste Beispiel ist Friedrich II von Preußen, von
dem überliefert ist, dass er die französische Sprache wesentlich besser
beherrschte als die deutsche.
Der Gebrauch der
französischen Sprache durch die deutsche Oberschicht wurde zunächst von
Gelehrten, später auch von Sozialkritikern kritisiert und persifliert, und da
machte das Wort Attitüde einen Bedeutungswandel durch und beschrieb eine “bewusst
eingenommene, gekünstelte, körperliche Haltung, affektiv wirkende Geste”. So
stand es jedenfalls noch in Meyers Deutschem Wörterbuch von 1979. Man sieht sie
vor sich, die aufgedonnerten Höflinge mit ihren Damen unter (flohverseuchten)
Perücken, wie sie mit Spitzentüchlein wedelnd ihre Menuette tanzen.
Heute wandern die
Wörter aus Nordamerika bei uns ein, und da begegnet uns das Word attitude wieder –
diesmal eigentlich ganz anders ausgesprochen, aber mit dem Ü wars ja schon da.
Jedenfalls hatte die englische Version dieses früher natürlich mal lateinischen
Wortes nicht den gleichen soziologischen Werdegang wie die französisch-stämmige
Attitüde durchgemacht, bevor es zu uns kam.
Das Wort war in
den USA bis in die Siebzigerjahre neutral, bis es der rebellischere Teil der
US-amerikanischen Schwarzenbewegung für sich entdeckte. Googeln Sie "Nigger
(oder Nigga) with attitude", abgekürzt auch
NWA, und Sie sind im Bilde. Es beschreibt eine "I'm-not-takin'-any-shit-from-you"-Haltung,
die man als SchreiberIn eines Karriereratgebers
vielleicht nicht unbedingt insinuieren möchte.
Aber das Wort existiert in
seiner neutralen Bedeutung weiter; man denke an die Luxusuhren-Werbung, in der verschiedene
Prominente unter dem Satz "Elegance is an attitude" zu sehen waren. Unser
Karriere-Ratgeber zitiert einen australischen Musikprofessor, der bei
analytischer Betrachtung der Karrieren seiner Schüler festgestellt habe, es sei
die "Attitüde" gewesen, die die Spreu der Erfolglosen vom Weizen der
Erfolgreichen getrennt habe.
Es geht dann nach guter
Ratgeber-Art weiter mit einer Liste von "Attitüden", die angeblich die wahren
Innovatoren ausmachten. Zum Schluss steht die Aufforderung "Attitüde, Baby!"
Dieser Ausruf kommt
nun wieder zweifelsohne aus dem Rapper-Milieu, und das Ü darin wirkt irgendwie deplatziert –
oder geht das nur mir so?
Wir haben ja schon den Banquier zum Banker gemacht, und das Appartement zum Apartment - warum sollten wir dann nicht die Attitüde zur Attitude machen - also: Mut zum Angliszimus, vor allem dann, wenn das vermeintlich deutsche Wort ein Gallizismus ist, der einmal auf dem blankpolierten Parkett der Fürstenhöfe zu uns geschlittert gekommen ist.
Wir haben ja schon den Banquier zum Banker gemacht, und das Appartement zum Apartment - warum sollten wir dann nicht die Attitüde zur Attitude machen - also: Mut zum Angliszimus, vor allem dann, wenn das vermeintlich deutsche Wort ein Gallizismus ist, der einmal auf dem blankpolierten Parkett der Fürstenhöfe zu uns geschlittert gekommen ist.
Zu diesem Post gibt es noch einen Nachtrag unter http://elkasloan.blogspot.com/2018/02/nachtrag-attitude-is-word.html
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