Montag, 16. Dezember 2013

Geht’s eigentlich noch, Herr Küppersbusch, oder: Was, bitte, ist eine Gottmutter?





Cervantes schildert uns Don Quijote als groß gewachsenen, hageren Mann. Ich bin eine kleine, dicke Frau. Ich kann es aber trotzdem nicht lassen, gegen gewisse Windmühlen zu kämpfen. Ich habe an dieser Stelle schon mehrfach über die bescheuerten Anglizismen in der deutschen Sprache geschrieben, und immer wieder sage ich mir, ˮlass es, es hat keinen Sinn“.  Und dann kommt doch wieder einer daher, der ist so bescheuert, dass ich nicht an mich halten kann. 


Wie schon häufig gesagt, ich habe nichts gegen Anglizismen – ich verwende sie selber. Mir geht’s nur um die bescheuerten. Die kommen auf zweierlei Art zustande:


1   Ein neues Produkt/ Verfahren/ Software, oder was immer, wird in den USA erfunden, und es etabliert sich schnell im Markt. Dann geht seine Bezeichnung oder sein Markenname in die englische Sprache ein, es verbreitet sich über die ganze Welt, und die Bezeichnung oder der Name gehen auch in andere Sprachen ein, weil das Bezeichnete so neu ist, dass es halt keine bestehenden Begriffe gibt. So geschehen in den Fällen Google und Twitter, nur um die bekanntesten zu nennen. Die Verben ˮgoogeln“ und ˮtwittern“ gibt es in den Sprachen aller der Länder, in denen diese Dienste erlaubt sind. Bis hierhin ist nichts Bescheuertes wahrzunehmen.

Bescheuert wird es, wenn Anglizismen treffende und gut eingeführte einheimische Begriffe verdrängen, nur weil die Nutzer der jeweiligen Sprache zu faul sind, ihre eigene Sprache richtig zu gebrauchen.

Das geschah mit dem Wort ˮContent“, das vollkommen ohne Not von Marketing-Dummschwätzern übernommen wurde, obwohl sich der Bedeutungsunterschied dieses Wortes zum deutschen Wort ˮInhalt“ nicht erschließt.

Derzeit droht der deutschen Wortfamilie um die Begriffe ˮKuratieren“ und ˮKuration“ das gleiche Schicksal, nur weil wieder der englisch sprechende Teil der Menschheit zuerst darüber geschrieben hat, dass die Menge der Inhalte im World Wide Web dermaßen angewachsen ist, dass es notwendig geworden ist, Räume zu schaffen, in denen kuratierte Inhalte zur Verfügung stehen. Es besteht keinerlei Anlass, bei diesem Thema von "Content Curation" zu faseln.


2.  Die zweite Art der bescheuerten Anglizismen kommt ebenfalls durch Faulheit zustande. Es ist eine gewisse Denkfaulheit von Leuten, die die englische Sprache durchaus beherrschen, und öfter mal einen englischen Text lesen. Diese Anglizismen haben ein gewisses Gefahrenpotenzial, denn man kann sie nicht immer gleich erkennen. Mein Beispiel am 10.2. an dieser Stelle war das Wort ˮModernität“, das ein Sprecher gebrauchte, der höchstwahrscheinlich kurz vorher einen englisch-sprachigen Text gelesen hatte, in dem das Wort ˮmodernity“ gebraucht worden war.

Und das bringt mich zum Anlass dieses Blogeintrags, Herr Küppersbusch – was bitte haben Sie sich dabei gedacht, als Sie Frau von der Leyen als ˮGottmutter der frisierten Helmpflicht“ bezeichneten? Ich lache wirklich gern über gute satirische Einfälle, und ˮfrisierte Helmpflicht“ finde ich an der Stelle durchaus ganz lustig, aber ˮGottmutter“??? Herr Küppersbusch, was um alles in der Welt ist eine Gottmutter, und welche englisch-sprachige Lektüre schwebte noch im Grenzland Ihres Bewusstseins herum, die Sie aus dem englischen ˮgodmother“, was ˮPatin“ heißt, flugs ein neues, im Deutschen vollkommen unverständliches Wort bilden ließ?

Sie wollten sich doch sicher nicht zur Zielschiebe Ihrer Kollegen Berufsspötter machen, für die sprachliche Fehlleistungen wie diese immer noch ein gefundenes Fressen sind, auch wenn sie generationenbedingt gar nicht mehr wissen, warum das so genannte ˮLübke-Englisch“ eigentlich so heißt.


Ich sagte, diese Art Anglizismen seien gefährlich – ich möchte auch hier wiederholen, was ich in diesem Zusammenhang immer schreibe: Mein Standpunkt ist ein rein ästhetischer. Diese Worte verhunzen einfach die Sprache. Gottmutter, ich bitte Sie! Was haben wir früher mal über diesen armen alten Mann gelacht, der mit seinem Amt überfordert war und dem jemand angedichtet hatte, er habe in Ausübung seines Amtes zur englischen Königin gesagt, ˮequal goes it loose“ …