Hier kommen sie wieder:
Eins meiner Lieblingsthemen sind Anglizismen, und da vor allem die bescheuerte Variante. Dazu dieser Text.
Ich hege ganz bestimmt keine Überfremdungsbefürchtungen, und
ich benutze täglich Anglizismen wie jeder andere auch. Ich würde gerne noch mehr Sprachen beherrschen,
um mich ihrer Ausdrücke bedienen zu können, wenn die deutsche Sprache für
irgend Etwas ganz Spezifisches keinen Ausdruck hat. Ich liebe aber auch die deutsche Sprache und
ihren Reichtum an Ausdrucksmöglichkeiten, von denen es etliche in anderen
Sprachen nicht gibt, wie z.B. Zeitgeist, Weltschmerz und dergleichen.
Was ich BESCHEUERT finde, ist die Verwendung englischer
Begriffe, wo es geeignete deutsche Begriffe gibt. Der Auslöser für diesen Blogbeitrag war ein
Artikel auf FAZ.net mit der Überschrift "Wachstum braucht Geld, Energie
und Imagination". Hier geht es um zwei Aspekte:
1.
Es gibt ein deutsches Wort für das, was hier gemeint
ist. Es heißt Phantasie.
2.
Dieses Wort ist genauso wie das englische Wort imagination das, was die
Sprachwissenschaftler einen falschen Freund nennen. Ein falscher Freund ist ein Wort, das aus
einer der Europäischen Ursprachen Griechisch oder Latein abgeleitet ist, aber
in den verschiedenen modernen Sprachen unseres Kontinents unterschiedliche Bedeutungen
herausgebildet hat. Es gibt da
umfangreiche Lexika, denn niemand kann diese falschen Freunde zählen.
Falsche Freunde schleichen sich häufig in Texte ein, wenn
man z.B. zu einem Thema etwas in englischer Sprache gelesen hat, und dann auf
Deutsch schreibt, womöglich auch noch etwas aus dem englischen Text
paraphrasiert.
Um bei diesem Bespiel des FAZ.net-Textes zu bleiben – hier
ist ein falscher Freund mit einem anderen übersetzt worden. Im Englischen bedeutet fantasy ein Hirngespinst, etwas Erfundenes, eine Träumerei. Phantasie
in des Wortes deutscher Bedeutung, also Vorstellungskraft, heißt auf Englisch imagination
Imagination wird
im Deutschen kaum gebraucht. Für mich
ist es ein Bespiel für die Faulheit eines Autors, wie man sie an jedem beliebigen
Tag bei der Lektüre deutscher Medien, vor allem im Bereich Wirtschaft, zu
Dutzenden finden kann.
Die Wirtschaft ist aber keineswegs allein mit dieser
Faulheit. Einer der am stärksten
globalisierten Bereiche unseres kulturellen Lebens ist die klassische
Musik. Die Interpreten kommen aus aller
Herren Länder, und der Vertrieb von aufgezeichneter Musik läuft immer noch zu
einem großen Teil über Tonträger, meist CDs.
Damit nun diese Tonträger möglichst weltweit vertrieben werden können,
wird das Begleitmaterial dazu nur noch in englischer Sprache produziert. Und so kommt es dann, dass man in den
deutschsprachigen Kultursendern nichts mehr von Geigern hört, sondern nur noch
von Violinisten. Die Faulheit liegt hier bei den Moderatoren, die die englischen
Texte vor sich haben und nur das Notwendigste eindeutschen.
Im Bereich Gesang hat uns diese Faulheit eine neue
Singstimme beschert – den Counter-Tenor.
Diese Singstimme wird hauptsächlich in England gepflegt, und da lag das
wohl nahe. Wirklich? Wir befinden uns im Lande von Bach und
Beethoven, da müsste doch wohl noch zu verlangen sein, dass unsere Kultur
vermittelnde Klasse es schafft, aus einem Counter-Tenor einen Contratenor zu
machen. Das englische Wort ärgert mich
auch deshalb so, weil da dann in einem Wort so eine Misch-Aussprache
stattfindet; kaum jemand sagt Counter Tenor (tenner), sondern eben
Counter-Tenohr mit langem oh.
Bei diesen Beispielen stehe ich wohl auf verlorenem
Posten. Bei einem andern hoffe ich, dass
noch nicht Alles verloren ist – beim Rezital.
Geht‘s eigentlich noch? Diese
Eindeutschung ist so überflüssig wie ein Kropf.
Es gibt ja immer noch Viele, die gar nicht wissen was das ist, daher
meine Hoffnung. Für die sei jedenfalls
gesagt, dass es sich dabei um ein Solokonzert handelt. Im Deutschen kann man auch Klavier- Geigen-,
Lieder- oder sonstiger Abend sagen – alles, bloß nicht Rezital!
Und noch ein bescheuerter Anglizismus –
neulich war ich in
einem Supermarkt für Elektrogeräte aller Art. Ich wollte mir einen Kopfhörer
kaufen. Ich fragte nach Kopfhörer und wurde in die HiFi Abteilung geschickt.
Ich brauchte aber keinen Kopfhörer für meine Musikwiedergabetechnik, sondern
für meinen PC. Da hätte ich nach einem HEADSET fragen müssen.
Es gibt also im Deutschen zwei Wörter für ein und dasselbe
Gerät, je nachdem, ob man es an eine Stereo-Anlage oder an einen PC anschließen
will. Das eine ist ein deutsches Wort, das andere ein bescheuerter Anglizismus,
denn wir haben ja einen deutschen Begriff.
Als die HiFi-Technik nach Deutschland kam, haben wir uns
noch die Mühe gemacht, deutsche Wörter für neue Technologien zu entwickeln.
Zusammen mit Fernsehen ist Kopfhörer einer der letzten Begriffe dieser Art, die
wirklich im Sprachgebrauch gelandet sind.
Dass diese Begriffe geprägt wurden (und heute nicht mehr),
liegt aber keineswegs nur daran, dass wir in jenen Zeiten noch nicht so
vernetzt mit dem Rest der Welt waren und überhaupt ganz furchtbar provinziell,
oder was der möglichen Erklärungen sonst noch wären.
Nein, in jenen Zeiten waren auch noch deutsche Techniker an
der Entwicklung von Neuheiten für den Verbrauchermarkt beteiligt. Die
Kunstkopf-Technik für Tonaufzeichnungen aus dem Konzertsaal ist ein gutes
Beispiel. Das deutsche Wort Kunstkopf wird noch heute von jedem
HiFi-Begeisterten und –Techniker der Welt verstanden, genauso, wie man in einem
amerikanischen Krankenhaus bis zum heutigen Tag ein EKG gemacht bekommt – mit K
in der Mitte, denn dieses Verfahren wurde in Deutschland entwickelt und es
steht für ElektroKardiogramm. Die kardiologische Abteilung im selben
Krankenhaus heißt natürlich Cardiology mit C.
Die Entwicklung von Neuheiten für den Verbrauchermarkt liegt
heute fest in amerikanischer Hand, und wir übernehmen mit den Geräten,
Verfahren und Portalen auch die Begriffe dazu.
Trotzdem fände ich es schön, wenn es eine Möglichkeit gäbe,
die verschiedenen deutschen Konjugationsformen von "downloaden" zu
eliminieren. Herunterladen geht wirklich auch, und es lässt sich besser
konjugieren.
Ein headset ist ein Kopfhörer mit Mikrofon, also schon etwas anderes.
AntwortenLöschenAnstatt downloaden oder Herunterladen, empfehle ich ganz schlicht "saugen" ;)
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