Freitag, 18. Januar 2013

Re-Posted : Bescheuerte Anglizismen

Die folgenden Posts habe ich aus Versehen gelöscht, weil meine Intuition irgendwie schlecht auf jedeweden HTML-Editor reagiert.  Don't ask.
Hier kommen sie wieder:
Eins meiner Lieblingsthemen sind Anglizismen, und da vor allem die bescheuerte Variante. Dazu dieser Text.



Ich hege ganz bestimmt keine Überfremdungsbefürchtungen, und ich benutze täglich Anglizismen wie jeder andere auch.  Ich würde gerne noch mehr Sprachen beherrschen, um mich ihrer Ausdrücke bedienen zu können, wenn die deutsche Sprache für irgend Etwas ganz Spezifisches keinen Ausdruck hat.  Ich liebe aber auch die deutsche Sprache und ihren Reichtum an Ausdrucksmöglichkeiten, von denen es etliche in anderen Sprachen nicht gibt, wie z.B. Zeitgeist, Weltschmerz und dergleichen. 
Was ich BESCHEUERT finde, ist die Verwendung englischer Begriffe, wo es geeignete deutsche Begriffe gibt.  Der Auslöser für diesen Blogbeitrag war ein Artikel auf FAZ.net mit der Überschrift "Wachstum braucht Geld, Energie und Imagination".  Hier geht es um zwei Aspekte:  

1.       Es gibt ein deutsches Wort für das, was hier gemeint ist.  Es heißt Phantasie.
2.       Dieses Wort ist genauso wie das englische Wort imagination das, was die Sprachwissenschaftler einen falschen Freund nennen.  Ein falscher Freund ist ein Wort, das aus einer der Europäischen Ursprachen Griechisch oder Latein abgeleitet ist, aber in den verschiedenen modernen Sprachen unseres Kontinents unterschiedliche Bedeutungen herausgebildet hat.  Es gibt da umfangreiche Lexika, denn niemand kann diese falschen Freunde zählen.

Falsche Freunde schleichen sich häufig in Texte ein, wenn man z.B. zu einem Thema etwas in englischer Sprache gelesen hat, und dann auf Deutsch schreibt, womöglich auch noch etwas aus dem englischen Text paraphrasiert.  

Um bei diesem Bespiel des FAZ.net-Textes zu bleiben – hier ist ein falscher Freund mit einem anderen übersetzt worden.  Im Englischen bedeutet fantasy ein Hirngespinst, etwas Erfundenes, eine Träumerei.  Phantasie in des Wortes deutscher Bedeutung, also Vorstellungskraft, heißt auf Englisch imagination  

Imagination wird im Deutschen kaum gebraucht.  Für mich ist es ein Bespiel für die Faulheit eines Autors, wie man sie an jedem beliebigen Tag bei der Lektüre deutscher Medien, vor allem im Bereich Wirtschaft, zu Dutzenden finden kann.  

Die Wirtschaft ist aber keineswegs allein mit dieser Faulheit.  Einer der am stärksten globalisierten Bereiche unseres kulturellen Lebens ist die klassische Musik.  Die Interpreten kommen aus aller Herren Länder, und der Vertrieb von aufgezeichneter Musik läuft immer noch zu einem großen Teil über Tonträger, meist CDs.  Damit nun diese Tonträger möglichst weltweit vertrieben werden können, wird das Begleitmaterial dazu nur noch in englischer Sprache produziert.  Und so kommt es dann, dass man in den deutschsprachigen Kultursendern nichts mehr von Geigern hört, sondern nur noch von Violinisten. Die Faulheit liegt hier bei den Moderatoren, die die englischen Texte vor sich haben und nur das Notwendigste eindeutschen.  

Im Bereich Gesang hat uns diese Faulheit eine neue Singstimme beschert – den Counter-Tenor.  Diese Singstimme wird hauptsächlich in England gepflegt, und da lag das wohl nahe.  Wirklich?  Wir befinden uns im Lande von Bach und Beethoven, da müsste doch wohl noch zu verlangen sein, dass unsere Kultur vermittelnde Klasse es schafft, aus einem Counter-Tenor einen Contratenor zu machen.  Das englische Wort ärgert mich auch deshalb so, weil da dann in einem Wort so eine Misch-Aussprache stattfindet; kaum jemand sagt Counter Tenor (tenner), sondern eben Counter-Tenohr mit langem oh.  

Bei diesen Beispielen stehe ich wohl auf verlorenem Posten.  Bei einem andern hoffe ich, dass noch nicht Alles verloren ist – beim Rezital.  Geht‘s eigentlich noch?  Diese Eindeutschung ist so überflüssig wie ein Kropf.  Es gibt ja immer noch Viele, die gar nicht wissen was das ist, daher meine Hoffnung.  Für die sei jedenfalls gesagt, dass es sich dabei um ein Solokonzert handelt.  Im Deutschen kann man auch Klavier- Geigen-, Lieder- oder sonstiger Abend sagen – alles, bloß nicht Rezital!



Und noch ein bescheuerter Anglizismus – 

neulich war ich in einem Supermarkt für Elektrogeräte aller Art. Ich wollte mir einen Kopfhörer kaufen. Ich fragte nach Kopfhörer und wurde in die HiFi Abteilung geschickt. Ich brauchte aber keinen Kopfhörer für meine Musikwiedergabetechnik, sondern für meinen PC. Da hätte ich nach einem HEADSET fragen müssen.
Es gibt also im Deutschen zwei Wörter für ein und dasselbe Gerät, je nachdem, ob man es an eine Stereo-Anlage oder an einen PC anschließen will. Das eine ist ein deutsches Wort, das andere ein bescheuerter Anglizismus, denn wir haben ja einen deutschen Begriff.
Als die HiFi-Technik nach Deutschland kam, haben wir uns noch die Mühe gemacht, deutsche Wörter für neue Technologien zu entwickeln. Zusammen mit Fernsehen ist Kopfhörer einer der letzten Begriffe dieser Art, die wirklich im Sprachgebrauch gelandet sind.
Dass diese Begriffe geprägt wurden (und heute nicht mehr), liegt aber keineswegs nur daran, dass wir in jenen Zeiten noch nicht so vernetzt mit dem Rest der Welt waren und überhaupt ganz furchtbar provinziell, oder was der möglichen Erklärungen sonst noch wären.
Nein, in jenen Zeiten waren auch noch deutsche Techniker an der Entwicklung von Neuheiten für den Verbrauchermarkt beteiligt. Die Kunstkopf-Technik für Tonaufzeichnungen aus dem Konzertsaal ist ein gutes Beispiel. Das deutsche Wort Kunstkopf wird noch heute von jedem HiFi-Begeisterten und –Techniker der Welt verstanden, genauso, wie man in einem amerikanischen Krankenhaus bis zum heutigen Tag ein EKG gemacht bekommt – mit K in der Mitte, denn dieses Verfahren wurde in Deutschland entwickelt und es steht für ElektroKardiogramm. Die kardiologische Abteilung im selben Krankenhaus heißt natürlich Cardiology mit C.
Die Entwicklung von Neuheiten für den Verbrauchermarkt liegt heute fest in amerikanischer Hand, und wir übernehmen mit den Geräten, Verfahren und Portalen auch die Begriffe dazu.
Trotzdem fände ich es schön, wenn es eine Möglichkeit gäbe, die verschiedenen deutschen Konjugationsformen von "downloaden" zu eliminieren. Herunterladen geht wirklich auch, und es lässt sich besser konjugieren.




2 Kommentare:

  1. Ein headset ist ein Kopfhörer mit Mikrofon, also schon etwas anderes.

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  2. Anstatt downloaden oder Herunterladen, empfehle ich ganz schlicht "saugen" ;)

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